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Zwangspause mit Folgen

Dass die Zwangspause durch ein Virus namens Sars-Cov-2 für viele belastend war und ist, lässt sich wohl kaum leugnen. Entweder weil man Angst um die Arbeit oder Existenz hat oder weil man nicht weiß, wie man die mehr werdende Arbeit schaffen soll. Zwangs-Pause für die Einen, Belastung für die Anderen.

Jede Krise birgt auch Chancen in sich, Sachverhalte oder Verhaltensmuster noch einmal neu zu denken und zu sortieren. Martin Schleske, ein Geigenbauer und christlicher Autor nennt das heilige Verunsicherung. Wenn an den Grundfesten gerüttelt wird und dabei Dinge oder Sachverhalte ins Wanken geraten, die als gesetzt galten. Eine Konfirmation wird verschoben, ein Osterfest muss online gefeiert werden. Gottesdienste sind nicht zugelassen oder jetzt nur unter strengen Auflagen möglich, eine Kerwa im Ort muss abgesagt werden und viele andere Fest auch. Hochzeiten werden verschoben und Trauerfeiern finden im engsten Familienkreis statt. Damit kommen viele liebgewordene Traditionen auf den Prüfstand.

Plötzlich ist nichts mehr so fest und unverrückbar, wie es schien. Was zunächst wie eine einzige Katastrophe aussieht hat aber auch positive Nebenwirkungen. Nicht wenige Menschen melden zurück, meist hinter vorgehaltener Hand und mit der Anmerkung: „Das darf man ja gar nicht laut sagen“, aber es scheint so zu sein, dass die Verlangsamung des Lebens vielen Menschen gut tut. Vielleicht war unser Leben ohnehin überdreht und überhitzt, hatte keine echten Räume mehr für Ruhe und Muse. Vielleicht hatten viele Menschen sogar eine gewisse Sehnsucht nach einer Bremsung – ohne jede Vorstellung, wie das gehen soll.

Und nun ist es plötzlich gegangen, weil es musste und auch weil es gewollt war. In uns macht sich einerseits die Sehnsucht breit nach dem unbeschwerten Leben, wie es vorher war. Andererseits spüren wir, wie etwas weniger von vielem uns durchaus gut tut. Nicht verschweigen sollte man, dass ein etwas langsameres und weniger überhitztes Leben nicht zum Nulltarif zu haben ist! Wenn wir unser Rädchen ein wenig verlangsamen wir auch unser Einkommen ein wenig geringer ausfallen und damit auch unsere Konsummöglichkeiten zurückgeschraubt werden müssen. Die Frage ist ob es uns tatsächlich den Preis wert ist. Wie wir nach der Krise weiter machen hängt in erster Linie von jedem einzelnen von uns ab.

Jesus stellt den Menschen seiner Zeit genau die gleiche Frage, wenn er darauf verweist, dass man nur einem Herren dienen kann: Gott als dem Herrn deines Lebens oder dem Mammon, womit all die vergänglichen Güter gemeint sind, denen man nachjagen kann, oder wie er es sagt, an die man sein Herz hängt.

Wir werden vor genau diese Frage gestellt jetzt, wo es anfängt allmählich wieder normaler zu werden: Woran werden wir unser Herz hängen? Wird es uns gelingen etwas zurück zu treten, das Leben langsamer anzugehen und mit etwas mehr Bedacht alles behandeln, was uns umgibt? Wie wird es in Zukunft aussehen mit Reisen, wie oft und wie weit? Hier trifft mich diese Frage besonders, weil wir, jetzt wo die Kinder aus dem Haus sind, gerne und weit verreist sind. Wie kann ein weniger aussehen für uns, auch den Umwelt zuliebe?

Werden wir zurückkehren in das Leben mit seinem Tempo oder schaffen wir es auch etwas langsamer? Es fühlt sich ein wenig an, wie oft nach einem guten Urlaub. Erholt und voller Tatendrang zurück – aber auch mit Vorsätzen sich die gewonnene Ruhe nicht gleich wieder nehmen zu lassen.

Wird es diesmal anders? Schaffen wir den nötigen Umstieg? Brauchen wir noch alles, woran vorher unser Herz so fest hing? Nutzen wir die heilige Verunsicherung um vieles zu überdenken. Was brauchen wir, wie viel oder wie oft? Auch begegnet uns vieles in neuen Formen – Arbeit und Besprechungen, Gottesdienste, Konzerte und vieles mehr. Kreative Formen entstehen – was werden wir behalten – was verschwindet wieder. Prüfet alles, das Gute behaltet.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen weiterhin eine gesegnete Krise und Gesundheit. Ich freue mich wieder auf Begegnungen mit Ihnen!

Ihr Pfarrer Markus Wandtke